Alfred Lang | ||
Unpublished Manuscript 1994ff. (in progress) | ||
Evolutiv-ökologisch-semiotisch-kulturelle Synopse: | 1994.11 | |
13 / 36 KB Last revised 98.10.26 | ||
Tabelle der Grundzüge der semiotischen Ökologie für eine kulturbezogene Psychologie oder empirische Anthropologie | © 1998 by Alfred Lang | |
Scientific and educational use permitted | ||
Home || |
ASPEKTE: | (a) evolutive | (b) semiotisch | (c) ökologische | (d) kulturelle | |
Diese Tabelle stellt den Versuch einer Synopse der Gedanken dar, welche die Semiotische Ökologie speziell im Hinblick auf eine kulturbezogene Psychologie thematisiert. In den Zeilen schreite ich vom Grundlegenden zum Besonderen fort. In den Spalten versuche ich jeden Gedanken unter jenen vier Gesichtspunkten zu charakterisieren, welche ich für die Hauptbestimmungsstücke einer semiotisch-ökologischen Anthropologie bzw. Kulturpsychologie halte. Mit * bezeichnete Felder sind im Begleittext kommentiert. | |||||
00 | Absichten | Hier will ich Aspekte des Umstands zeichnen, dass alle Erscheinungen der menschlichen Kondition interaktionsbedingte Strukturbildungen einer offenen Geschichte darstellen, also auf gerichtetem Wandel beruhen: weder beliebig noch streng vorherbestimmt, sondern in die Zukunft offen..* | Den systemisch-systematischen Wandel darzustellen bedarf es geeigneter Mittel. Es erweist sich, dass die gleichen Mittel, die den Wandel darstellen können, auch seine Konstitution zu begründen vermögen: eine generative Theorie des Zeichenprozesses zur Bildung von Zeichenstrukturren. | Diese Darstellungen erweisen den Wandel als Prozesse von Wirkungen zwischen Systemen und der Konstitution von Strukturen. Bestimmte, besonders virulente Strukuren und Prozesse mit asymmetrischem Charakter lassen sich als ökologische Systeme beschreiben. | Da Darstellungen ökologischer Systeme zu Konstituenten dieser Systeme selbst werden können, verweise ich hier vorweg sowohl auf die Wissenschaftskultur zur Erzeugung von Darstellungen wie auf die allgemein-kulturellen Folgewirkungen solcher Darstellungen. |
01 | Aspekt-Begriffe | "Evolutiv" soll die Eigenart von solchen raum-zeitlichen Systemen bezeichnen, welche einen Wandel ihrer Strukturen und Funktionsweisen zeigen können derart, dass gerade dadurch auch die Bedingungen dieses Wandels sich verändern. | "Semiotisch" heisse die begriffliche Fassung aller Strukturen und Prozesse in evolutiven Systemen, insofern sie sowohl die Bedingungen wie die Ergebnisse ihrer Konstitution und ihres Wandels darstellen und mithin deren Evolution tragen. | "Ökologisch" werden jene evoluierenden Systeme genannt, deren zwei Teilsysteme ungleichartig sind derart, dass eines sich im andern behaupten kann: das sind lebende Systeme in ihrer Umwelt (Zellen, Organe, Organismen, Gruppen, Gesellschaften, Stämme). | "Kulturell" verweist auf jene Formen von Evolution, bei welchen die Träger von Variation und Selektion von den biotischen auf umweltliche Entitäten verlagert sind und die damit einen beschleunigten Wandel beider Teilsysteme erreichen.* |
02 | allgemeine Ausgangs-annahmen | Biotische, psychische, soziale und kulturelle Erscheinungen (Entitäten) werden als Emergenzen evolutiver Prozesse in Systemen begriffen. Es gibt keinen zwingenden Grund, deren Sosein und Werden als von einem ausserirdischen Prinzip bestimmt zu verstehen. | Zweistellige zeitsymmetrische Bedingungslogik (A<Ñ>B) negiert eigentlich Entwicklung. Triadische Semiotik im Anschluss an Peirce (generativ: A&BÑ>C) ist eine für das Beschreiben und Begreifen von evoluierenden Systemen genuine konzeptuelle Methodik.* | Was immer uns erscheinen kann, hat Figurcharakter und erscheint jeweils als Systemkern aus einem systemischen Grund hervorzu-treten und ist letztlich nur aus diesem Bezug heraus zu verstehen (Synechismus, Differenzierung). | Die kulturelle Perspektive relativiert eine Wissenschaftskultur der zwei-wertigen Notwendigkeitslogik und der kartesianisch-kantischen Dualismen der Subjekt-Objekt und der Geist-Materie-Dichtomsierung zu einem Spezialfall. |
03 | Emergenz von extrem "unwahr-scheinlichen" Strukturen | Angefangen mit dem Biotischen zeigen Entitäten "Geschichte"; diese annähernd selbstreplikativen Entitäten sind nicht allein aus vorbestehenden Gesetzen zu verstehen, sondern auch aus den in dieser Evolution emergierenden Gewohnheiten (Regelhaftigkeiten).* | Wir finden dann in der Welt Strukturen, welche sich gegen ihre Umgebung "behaupten" und in diese Umgebung anders wirken, als wir aufgrund der Eigenschaften ihrer Teile oder deren Summe erwarten würden. | Alles figurhaft Erscheinende ist auch real aus seinem Grund differenziert (als Systemkern vom Gesamtsystem) und nur aus diesem Bezug zu verstehen: es wird aus ihm, erhält sich durch ihn und vergeht in ihm: Strukturen und ihre Umwelt (weitere Strukturen). | Als Grundvoraussetzung des Erkennens und Handelns gilt also nicht die Subjekt-Objekt-Gegenüberstellung, sondern die Relation, welche ihre Relata konstituiert. Das gilt für die Realität selbst, wie für deren Betrachtung und Beeinflussung durch Weltteile. |
04 | Triadizität, triadische Relationen, logisch und als Prozess | Selbst- oder Ähnlichkeits-Replikation ist als triadische Relation zu verstehen: unter geeigneten Umständen (1) generiert sich an einem "Modell" (2) ein weiteres, ähnliches Exemplar (3). | Dies ist der Grundtypus des Semiosebegriffs sensu Peirce: der Prozess, in dem eine Entität durch oder mit einer zweiten Entität eine dritte Entität konstituiert. Semiose meint Strukturbildung oder -aktualisierung aufgrund zweier vorbestehender Strukturen. | Emergierende Entitäten in Ökosystemen werden als Resultanten semiotischer Prozesse verstanden: nämlich als Wandel von Figur-Strukturen (meist etwas Organisches) und von (umweltlichen) Grund-Strukturen aufgrund bestimmter Organ-Umwelt-Konstellationen. | Die "erkennende" wie die die "generative" Relation (um sie am Weltbezug von Organismen festzumachen) sind Darstellungsfunktionen: eine Entität (1) findet in Funktion einer andern Entität (2) eine neue Form (3). |
05 | Generativität (Variation und Selektion / Bewertung) | Evolution bringt Neues hervor, aber nicht beliebig Neues, sondern im Anschluss an ihren bisherigen Strom. Sowohl Konstitution wie Regulation evolutiver Systeme gründen ausschliesslich in ihrer Geschichte (Stamm, Biographie, Tradition). | Variation impliziert eine Verzweigungsfunktion, Selektion / Bewertung eine Verschmelzungsfunktion von Genesereihen (s.u.). Die Peirceanische Semiose umfasst beides: A mit B generiert C, C' oder C" ; A mit B, B' oder B"" generiert C. | Bei der Speziation in biotischen Ökosystemen stabilisieren sich organische Typen nach revolutiven Phasen gesteigerter Varationsbildung infolge der selektiven Wirkungen der Passung zwischen den Wirkpotentialen der organischen und der umweltlichen Komplexe. | In kulturellen Systemen bieten Personen oder Gruppen zeichenhafte Innovationen an in Form von Verhaltensmustern, Werken, Texten etc. (Variation); solche werden von den andern Mitgliedern des Sozialsystems bewertend aufgenommen (Selektion) oder gehen verloren. |
06 | Mnemische Formen und Funktionen | Evolution eines Systems setzt voraus, dass ein Zustand (1) zu einem späteren Zeitpunkt unter neuen Umständen (3) wirksam wird; dazu muss eine Darstellung (2) vom ersten Zustand (1) "aufbewahrt" und im zweiten Zeitpunkt (3) zur Wirkung als (2), wie immer bezogen auf (1) kommen kann. | Als Kern eines allgemeinen Zeichenbegriffs sollte nicht die Idee verstanden werden, dass eine Entität eine andere vertritt, sondern die Idee, ein Potential einer Entität komme indirekt oder vermittelt dann und dort zur Wirkung, wenn und wo dafür geeignete Umstände bestehen. | In der Tat lässt sich dass Potential einer Entität wie einer lebenden Zelle oder eines Gensatzes (eigentlich von irgendetwas) erst genau dann begreifen, wenn man ihre Differenzierungs-möglichkeiten oder seine Fähigkeit versteht, den Aufbau eines spezifischen Organismus (oder von irgendetwas anderem zu steuern. | Ökologische Systeme evoluieren über einfache Effekte hinaus aufgrund dreier mnemischer Formen: die chromosomale trägt die Geschichte des Lebens, die cerebrale Teile der Geschichte der Individuen, die kulturale überwiegend diejenige humansozialer Systeme. |
07 | Gerichtetheit von Entwicklung | Unter asymmetrischen mnemischen Systemdifferenzierungen, dh bei in irgendeiner Hinsicht höherer Beständigkeit einiger Systemteile gegenüber dem Restsystem, bestehen Bedingungen für gerichtete Entwicklung, dh für Zustandsfolgen ohne echte Wiederholung. | Eine zur Darstellung und Leistung solcher Zustandsfolgen von Systemen geeignete Semiotik muss demnach in der Zeit erfolgende Prozesse darstellen wie auch Wirkungsmöglichkeiten über Zeitstrecken und Orte hinweg konstituieren können. | Die mnemische Funktion ist durchaus nicht auf Organismen oder ihre Teile (wie das Genom oder den individuellen Erfahrungssschatz) beschränkt; ein Systemkern kann auch in seiner Umwelt Strukturen mitbestimmen, die ihn und andere Teile später mitbestimmen. | Die drei systematischen mnemischen Funktionen bedingen einander je eigenartig: die cerebrale und die kulturale sind undenkbar ohne die chromosomale; diese wird indirekt über Selektion von der cerebralen mitbedingt (gentechnisch direkt auch kultural). |
08 | Produktive oder nutzbare "Spuren" (Transaktion, Interaktion) | Von Entwicklung sprechen wir, wenn es zwischen Systemteilen zu Einflüssen derart kommt, dass der Zustand des einen bei einem andern überdauernde "Spuren" zurücklässt, welche dem zweiten Systemteil andere Potentiale verleihen (Transaktion). | Semiotik darf sich nicht in Zuordnung von Zeichen und Bedeutungen erschöpfen, sondern soll das Hervorgehen oder Aktualisieren von Strukturen aus bestehenden anderen Strukturen beschreiben und erklären. | Typisch für ökologische Systeme ist freilich die im Vergleich zu ihrer "Umwelt" typische lokal höhere "Verdichtung" und die höhere Kohärenz von Zeichenstrukturen in Gebilden, die wir als individuelle Organismen bezeichnen. | Die Auszeichnung der einen gegenüber den andern beteiligten Entitäten ist nicht eine Sache an sich, sondern entspringt unserem (Betrachter-) Interesse. Das System des Lebens ist von einem kosmischen Gesamtsystem abhängig. |
Bis zur dieser Stelle wurde die Darstellung trotz der Kosten für die Lesbarkeit so allgemein wie möglich gehalten, da sie allgemeine Gültigkeit zumindest im Bereich des Lebens und seiner Folgeerscheinungen beansprucht. Zur Erleichterung der Darstellung soll nun, da ja von Menschen-Kultur-Systemen die Rede ist, mit den Begriffen des "Individuums" oder der "Person" zur Bezeichnung jener typischen Systemkerne operiert werden. Doch sei damit in keiner Weise präjudiziert, was diese Terme bezeichnen, denn die Charakterisierung jener Entitäten, welche in dualistischen Denkweisen als Subjekte den Objekten gegenübergestellt werden, ist eine Aufgabe zu leisten; ihre "Lösung" darf nicht gesetzt werden. | |||||
09 | Voraussetz-ungen psycho-sozio-kultureller Errungen-schaften | Damit besteht eine Grundlage für die Analyse jener Entwicklungsprozesse, welche bei einer gegebenen Spezies wie dem Menschen insbesondere auf die cerbralen und kulturalen Gedächtnisstrukturen abstellen und die chromosomalen im wesentlichen voraussetzen. | Das ökologische System oder die Mensch-Umwelt-Einheit in Entwicklung soll mit dem Mitteln der Semiotik dargestellt werden. | Bei Tieren ist der Umweltbezug überwiegend durch chromosomal gesteuerte Prozesse des Aufeinanderbezugs von organismus-internen Strukturen (Instinktausstattung) und externen Strukturen (die sog. Auslösereize, die bewirkten Weltänderungen). | Drei wissenschaftstheoretische Reformen: Ausgangspunkt ist die ökologische Relation, nicht das eine oder andere Objekt; diese wird als offen evoluierend begriffen; der Bereich der in die Relation eintretenden Entitäten ist offen und schliesst Eigenproduktion ein. |
10 | Funktions-kreis | Brain-Mind Gedächtnis wird erworben, indem aus den Begegnungen der rezeptiven Systeme mit Weltoberflächen Spuren bleiben; externes Gedächtnis, indem aus den Wirkungen der exekutiven Systeme um den Menschen herum veränderte Welt resultiert. | Interne Strukturbildung referiert im rezeptiven Fall auf externe Strukturen und stellt diese auf eigene Weise neu dar (IntrO, Wahrnehmung); externe Strukturbildung referiert auf interne Zustände und verändert durch Handeln (ExtrO) die Welt. | Der von Jakob von Uexküll beschriebene Funktionskreis kann bezüglich cerebraler und kulturaler Strukturbildung mit ihren Bedingungen und Wirkungen in der Entwicklung ergänzt werden. | |
11 | Genesreihen | ||||
12 | Semiose | ||||
13 | Semionen | ||||
14 | Regulation | ||||
15 | Kriterien aus Struktur-gesamtheit | ||||
16 | Affinität | ||||
17 | Eigenheit / Zugehörig-keit | ||||
18 | Individuelles auf Biotischem | ||||
19 | Individuelles auf Kulturellem | ||||
20 | Soziales auf Biotischem | ||||
21 | Soziales auf Kulturellem | ||||
22 | Kulturelles aus Individuellem | ||||
23 | Kulturelles aus Sozialem | ||||
24 | Person-werdung | ||||
25 | Arten der Person | ||||
26 | interne Sekundär-systeme | ||||
27 | Aktuali-sierung | ||||
28 | Imaginierung | ||||
29 | Symboli-sierung (Sprache) | ||||
30 | Koordi-nierung (Selbst) | ||||
31 | |||||
32 | |||||
33 |