Alfred Lang | ||
Unpublished Paper and Bibliography 1992/94 | ||
Handeln als Anbieten --Lesehilfe und Bibliographie zur semiotischen Ökologie | 1993.17 | |
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Seminarunterlage 1993: Gemeinsames Seminar: Handeln als Entscheiden, Anstreben oder Anbieten -- Handlungssauffassungen und ihre Traditionen, mit Klaus Foppa und Mario von Cranach | © 1998 by Alfred Lang | |
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[Der nachstehende Text wurde im November 1992 als Lesehilfe für das Seminar geschrieben und im Juli 1994 ergänzt. Er fokussiert auf die semiotische Ökologie unter dem Aspekt des Handelns, zeigt aber auch Ansatz und Denkweise als ganze in Kürze auf.]
Orientierungshilfe zur semiotisch-ökologischen Perspektive und deren Begrifflichkeit
Wir verfügen nicht über einen theoretisch in alle Einzelheiten durchdachten und empirisch durchgeführten Handlungsbegriff und möchten auch keinen solchen vorschlagen, sondern arbeiten an einer Rahmenkonzeption, in welcher Agieren oder Handeln durch seinen "Ort" in einem übergeordneten Ganzen charakterisiert wird. Die Formel "Handeln als Anbieten" fängt einen wesentlichen Zug solcher Verortung schlagwortartig ein, nämlich die Herstellung oder Änderung von Bedingungen ausserhalb der handelnden Person. Solches Hergestellte ist grundsätzlich andern und einem selbst verfügbar. Insofern es zeichenhaften Charakter hat, kann es den Verlauf weiterer Austauschprozesse zwischen Menschen und ihrer Umwelt mitbestimmen. Das Angebotene hat durchaus einen locker-systematischen Charakter insofern es aus ebensolchen Quellen stammt; wir bezeichnen es zu Hauptsache als die Kultur.
Ich verwende also einen zunächst unspezifizierten Handlungsbegriff (acting, act). Vom üblichen Verhaltensbegriff lässt er sich freilich durchaus unterscheiden. Denn seine Bedeutung ergibt sich erst aus seiner Rolle in den Austauschprozessen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt, welche man in Weiterführung des Ansatzes von Jakob von Uexküll als Funktionskreis und unter Einbezug der Mensch-Umwelt-System- Entwicklung als Funktionsspirale konzipieren kann. Es gilt also, diesen Funktionskreis auf den Begriff zu bringen. Das versuchen wir mit einer begrifflichen Methode, welche die triadische Semiotik von Charles S. Peirce aufnimmt. Die Charakterisierung des Funktionskreises und seiner Teile und Vorgänge soll dabei so wenig wie nur möglich und unvermeidlich durch deren Wirkungen auf den Beobachter bzw. durch dessen perzeptiv-kognitive Ausstattung bestimmt sein. Denn ähnlich wie unser Weltbild in der sog. kopernikanischen Wende die Annahme überwinden musste, das Sternenheer drehe sich um uns, sollte unser Menschenbild vom menschlichen Subjekt als dem Ursprung des psychischen Geschehens aufgegeben werden, da jenes ja durch dieses erst konstituiert wird. So möchte ich die möglichen Fallen vorangestellter Definitionen oder die angenehmen Blendungen durch perzeptiv-kognitive Systemeigenschaften, beispielsweise die in unserer Kultur geläufig gewordenen quasi-natürlichen Figurbildungen eines "subjektiven" Ich oder "objektiven" Anderen und anderen, nach Möglichkeit vermeiden. Vielmehr soll die Beschreibung "psychischer" Sachverhalte aus den im Sachverhaltsbereich beobachtbaren Wirkungen selbst heraus abgeleitet sein. Dessen Bestandteile sollen sich im Sinne eines konstruktiv-galileischen Wissenschaftsbegriffs (Kurt Lewin) durch Wirkungen aufeinander selber erst wechselseitig als solche konstituieren, natürlich unvermeidlich in der Sicht einer bestimmten und möglichst explizierten Betrachtungsweise und beschränkt auf Wirkungen, welche diesem Beobachter zugänglich sind.
Damit stellen wir das gewohnte, die Psychologie so sehr bestimmende Verhältnis zwischen Psyche und Umwelt, zwischen dem menschlichen "Innen" als ihrem "eigentlichen" Forschungsgegenstand (wie auch immer mental oder material konzipiert) und dem "Aussen" als bloss instrumentellem Stimulus und Indikator, in Frage. Das "Geäusserte" ist für uns nicht so sehr deshalb psychologisch interessant, weil es deutbarer Ausdruck der Psyche des Handelnden sei und Rückschlüsse darauf ermögliche, sondern weil es wesentliche Bedingungen für die weiteren Veränderungen der betreffenden Mensch-Umwelt-Systeme herstellen kann.
Phänomenal und empirisch (dh für den naiven Beobachter oder für jede Forschungsmethode) zeigt das Mensch-Umwelt-System in der Tat zwei unterscheid- und analytisch trennbare Bereiche: die Person und die Welt, in der sie lebt. Konstruktiv gibt es jedoch keinen guten Grund, diese Unterscheidung mit einer bedeutenden realen Separierung gleichzusetzen, da sie einen in bestimmter Weise erkennenden und sich selbst auszeichnenden, beispielsweise einen kartesianischen, Beobachter voraussetzt. Mache ich etwa auch das Werden der als Person erscheinenden Gebilde und den Wandel der jeweils bestimmten Umwelt von ihnen (insbesondere als Kultur) zum Thema, so ist rasch zu sehen, dass beide nur im Wechselspiel miteinander begriffen werden können und deshalb als M-U- oder Person-Kultur-System in Entwicklung untersucht werden sollten. Für diese Art Sachverhalts-Untersuchung bzw. -Verständnis brauche ich die Wissenschaftsbezeichnung "ökologisch" und lege sie "semiotisch" an. Die Funktionsspirale umfasst offenbar in jedem ihrer in der Zeit folgenden Kreise vier Schritte; in jedem von ihnen nimmt die gemeinsame Entwicklung eines P-K-Systems jeweils einen bestimmten von vielen möglichen Wegen, bzw. sie könnte an diesen Stellen jeweils auch einen anderen Verlauf nehmen:
Mit den Mitteln einer triadischen Semiotik im Anschluss an Peirce konstruiert erscheinen die vier Funktionskreisschritte überraschenderweise strukturgleich. Dies entgegen jeder phänomenologischen oder empirischen Auffassung und auch entgegen jeder üblichen Konzeptualisierung des (kartesianischen) Subjekt, der (materialen) Welt oder der perzeptiven und aktionalen Wechselprozesse zwischen ihnen. Ich interessiere mich zunächst vor allem für die Gleichartigkeit und Durchgängigkeit der vier Funktionsschritte; deren genauere Differenzierung und Vergleichung bleibt eine spätere Aufgabe.
Die Semiotik ist die begriffliche Hauptmethode dieses anthropoÐlogischen Programms einer semiotischen Ökologie, die menschliche Kondition einschliesslich ihres Werdens und ihrer Potentiale wissenschaftlich auf den Begriff zu bringen. Sie ist, wie jede Logik, nichts anderes als eine systematische Darstellungs- und Konstruktionsmethode mit zugehörigen Präferenzregeln, welche sauberes von irreführendem Schliessen unterscheiden helfen. Im Unterschied zur herkömmlichen zweistelligen und zweiwertigen Logik (Ursache / notwendige Wirkung; wahr / falsch) ist die triadische Semiotik jedoch ein zur Darstellung von Gebilden geeignetes Verfahren, welche evolutiven Charakter zeigen, dh sowohl durch Kontingenz wie auch durch Systematik bestimmt sind. Das Gütekriterium dieser Methodik ist pragmatizistisch (Peirce), dh unser Begriff einer Sache liegt im Begreifen von deren möglichen Wirkungen.
Wir begreifen jeden der vier Schritte des ökologischen Funktionskreises als Semiose, nämlich als eine unauflösbare Dreifachrelation, die eine Referenz oder Quelle, eine Interpretanz oder Vermittlung und eine (Re)Präsentanz oder Darstellung (dieser Dreifachrelation) impliziert. Prozesshaft beschreibt die Semiose die Herstellung einer dritten Struktur aus der Begegnung (Kontingenz) von zwei bestehenden Strukturen. Strukturell impliziert das den Semioseprozess begründende oder Semiosekomplexe darstellende Semion eine verbundene Einheit oder neue Darstellung von zeichenhaften Gebilden und begründet durch seinen zeitüberdauernden Charakter deren Evolutivität, nämlich durch die Möglichkeit, in geeigneten Bedingungen später oder anderswo gewohnte (Stabilität) oder neue Wirkungen (Wandel) zu entfalten. Denn zeichenhaft ist alles, was ein Potential hat, weitere Zeichen zu generieren. Das ist in der Tat was geschieht, wenn ein Gebilde aus seiner gegenwärtigen Charakteristik oder Befindlichkeit heraus (Ref) in bestimmten Darstellungsformen oder Vermittlungen (Int) "interpretiert" wird oder wirkt und damit etwas herstellt (Pre, auch als Prä oder Rep bezeichnet), nämlich seine Umgebung oder Teile von ihm selbst ein Stück weit verändert, sei es temporär oder überdauernd, und mithin die Möglichkeit erschliesst, in weiteren solchen Semiosen erneut weitere und mehr oder weniger verwandte Wirkungen zu entfalten. Ketten oder Netze von Semiosen entstehen, wenn die Repräsentanz einer beliebigen Semiose in einer später folgenden Semiose als Interpretanz oder als Referenz fungiert und mithin neue Repräsentanzen generiert. Ist das Ref-Gebilde ein Mensch oder Teil eines Menschen in einer aktuellen Befindlicheit und die Int-Vermittlung eine Form seiner möglichen Aktivität, zB ein lokomotorischer, gestischer, sprachlicher, handgreiflicher, etc. Vollzug, so nennen wir das resultierende Pre-Gebilde oder -Ereignis zeichenhaft, zB Gesprochenes, Getanztes, Geschriebenes, Gestaltetes, Gebautes etc. Dies kennzeichnet den Kern unseres Handlungsbegriffs. Eine wesentliche Bedingung für "erfolgreiches" Handeln in einer gegebenen Welt oder für sozial konsistentes oder kommunales Handeln sind minimale Grade von Affinität der internen und der externen Strukturen bzw. der internen Strukturen in allen Angehörigen einer Gruppe. Durch gemeinsame Entwicklung ist in aller Regel hohe Affinität gewährleistet. Abweichungen unterliegen im Kulturwandel positiver und negativer Selektion.
Die Gleichartigkeit der IntrO- und vielleicht auch der IntrA-Prozesse zu den eben skizzierten ExtrO-Prozessen und die Rolle dieser semiotisch dergestalt konzipierten Schritte in der Funktionsspirale wird in den nachstehend genannten Texten postuliert und, so hoffe ich, wenigsten in den Grundzügen nachvollziehbar gemacht.
(Stand Juli 1993)
Die verschiedenen Beiträge von Lang können als unterschiedliche Entwurfsskizzen der semiotischen Ökologie gelesen werden oder liefern Hintergründe oder Anwendungsbeispiele dazu. Jeder der auf semiotische Ökologie fokussierenden Aufsätze akzentuiert eine besondere Seite und sucht ein Stück vom Ganzen mitzugeben, was für das Verständnis unentbehrlich ist. (In Klammern ist hier das Jahr der hauptsächlichen Konzeption beigefügt, in der nachfolgenden Bibliographie wie üblich das Erscheinungsjahr.)
Den Einstieg empfehle ich über Knowledge in things and places (1989/90): hier wird die Denkweise anhand konkreter psychologischer Fragen eingeführt und mit einer kleinen, methodisch noch sehr unzulänglichen Untersuchung illustriert. Wie die jungen Männer ihr Zimmer einrichten, drückt nicht nur -- ihre Person externalisierend -- etwas aus, sondern bietet auch -- ihnen selber und andern -- etwas an, was in die Bedingungsgrundlage künftiger IntrO-, IntrA- und ExtrO- von Beteiligten eingehen kann. The 'concrete mind' heuristic (1989/90) ist ein paralleler Text mit etwas allgemeinerer Zielsetzung und stärkerer Betonung der Rolle des Sozialsystems. Hintergrund bezüglich der Wohnpsychologie, unserem hauptsächlichen Empiriefeld, findet sich u.a. in Lang, Bühlmann & Oberli 1987 und Lang 1991, vgl. dort besonders die Bildgeschichte. Die Arbeiten von Urs Fuhrer gehen in eine verwandte Richtung, bedienen sich jedoch einer geläufigeren Begrifflichkeit.
Kultur als 'externe Seele' (1991/92) bietet in 15 Thesen und Erläuterungen eher einen Panoramablick, von wissenschaftstheoretischen Erwägungen über eine Darstellung des semiotischen Funktionskreises bis zu Skizzen reichend, wie man vielleicht damit umgehen kann. Hier wird, in These 10, am meisten explizit über Handeln gesagt; es wird aber in den nachfolgenden Thesen 11 bis 15 hoffentlich auch deutlich, wie Handeln im Kontext von Sozialsystem und Kultur begriffen werden soll. In These 14 sind die Grundzüge unseres Forschungsprogramms zu einem psycho-ökologischen Verständnis der Alltagsdinge, der Wohntätigkeit und der urbanen Lebenswelt angedeutet. In These 15 folgt ein Vorschlag zu einem neuen Verständnis dessen, was allgemeinsprachlich als kommunikative Prozesse verstanden wird. (Die Vortragsvorlage von 1990 ist eine aus allen Nähten quellende Vorstufe zu den Mittersiller Thesen; die Anthropozentrismuskritik von 1988 ein noch vor-semiotischer breit-systematischer Situierungsversuch meines ökologischen Denkens.)
In Toward a mutual interplay between psychology and semiotics (1992) ist leichter als im Mittersiller Papier ein Verständnis unserer Semiotik zu gewinnen. Zur Hauptsache geht es hier um ein wünschbares "Verhältnis" zwischen Psychologie und Semiotik. In Abschnitt III.1 ist wiederum, wie implizit auch immer, viel von Handeln die Rede, während in den beiden letzten Abschnitten nur noch Andeutungen stehen, dass mE die Psychologie Struktur und Dynamik in ihrem Interessenbereich (trotz der Scheinerfolge mit der Computer-Metapher) so wenig separieren sollte, wie die Physik seit Newton dies tut, und dass sie demzufolge endlich auch von der Idee der Person oder des Subjekts als einer VorausÐSetzung zur Vorstellung als einer Resultierenden psychologischen Geschehens übergehen sollte. (Diese Teile werden in der gedruckten Fassung fehlen.) Semiotik und ihr Verhältnis zur Psychologie behandeln ebenfalls zwei verwandte, in Teilen übereinstimmende Texte: Eine Semiotik für die Psychologie -- eine Psychologie für die Semiotik (1992) bringt dieselben Gedanken in etwas gestraffterer Form; Zeichen nach innen -- Zeichen nach aussen (1992) gibt eine allgemeinverständliche Einführung mittels Beispielen in die Art und Weise, wie wir mit Semiotik umgehen möchten. Der Collegium-Generale-Vortrag bietet den leichtesten Einstieg in meine Auffassung der Semiotik. Im Anschluss an C. S. Peirce verwenden wir einen triadischen Semiosebegriff (nicht eine Zuordnung von Zeichen und Bedeutung!), dessen Essenz auf die Bildung von zeichenhaften Drittstrukturen aus der Begegnung von jeweils zwei affinen Vorstrukturen verweist. Es geht im wesentlichen um die Gewinnung eines allgemeinen Versursachungsbegriffs, welcher (anders als die dyadische Verbindungskonzeption von Ursache und Wirkung) dem evolutiven Charakter von biotischen, psychischen, sozialen und kulturellen Systemen gerecht zu werden versucht und vielleicht vermag.
Die bisher wohl differenzierteste Skizze der semiotischen Ökologie ist der Aufsatz Non-Cartesian artefacts in dwelling activities (1992/93 im Anschluss an das Merliger Arbeitspapier ähnlichen Titels von 1991). Hier wird auf dem Hintergrund alternativer Wissenschaftskonzeptionen und anhand des Beispiels Wohnen ein geeigneter Semiosebegriff entwickelt und mit dessen Hilfe in neuer Form der Funktionskreis Person-Kultur zur Darstellung gebracht. Der Aufsatz erscheint in einem gemeinsam mit Urs Fuhrer herausgegebenen Sonderheft der Schweizerischen Zeitschrift für Psychologie zum Thema Kulturpsychologie, welches zusammen mit weiteren Aufsätzen in einer amerikanischen Zeitschrift ein Panorama von insgesamt 12 Beiträgen über das Cultural environment in psychology aus dem Merliger Symposium zu Ehren von Ernst Boesch bietet. Die Introduction zu den Heften zeigt die Fragestellung und Problemlage einer modernen Kulturpsychologie auch auf dem Hintergrund der älteren Denktraditionen auf.
Die Lizentiatsarbeit von Daniel Slongo (1990) bietet eine leichter zugängliche Einführung in die meisten wichtigen Themen des Ansatzes und einen noch tastenden Versuch seiner empirischen Durchführung. Slongo (1991) stellt den Einstieg in einen gemeinsamen Versuch dar, eine semiotisch-ökologische Kommunikationstheorie zu entwickeln. Die Lizentiatsarbeit von Hubert Studer (1992) bringt eine weitere selektive Darstellung wichtiger Grundzüge des Ansatzes, diesmal ausgehend von der theoretischen Psychologie von Kurt Lewin und ohne detailliertes Eingehen auf die Semiotik, in Verbindung mit einer empirischen Studie zum Allein- vs. Zusammenwohnen.
Eine Auswahl von Gelegenheitstexten einschliesslich der Handpostille für Studierende und einiger Zeitungskolumnen zeigen gewissermassen Anwendungsfälle unseres ökologischen Denkens. Das Grundfragen-Vorlesungsskript von 1990/91, in der Anlage weitgehend noch vor-semiotisch, könnte wegen der skizzierten Konzeption von internen Sekundärsystemen wie Erleben, Imagination, Sprache und Selbst Interesse finden.
Die Abschiedsvorlesung von Ernst Boesch erschliesst eine Denkweise, der ich im Ganzen in ihrer Angelegtheit auf Handeln in der Kultur und in vielen Einzelheiten sehr viel verdanke. Zwar operiert sie ohne semiotische Methodik und gehört wohl eher einer geisteswissenschaftlichen Tradition zu, obwohl sie die cartesianischen Voraussetzungen zwar wohl oft anzweifelt, aber nicht eigentlich durchbricht. Dessen ungeachtet empfehle ich nachdrücklich eine Auseinandersetzung mit Boeschs subtilem psychologischen Denken. Auch Boeschs Selbstdarstellung erschliesst den Zusammenhang seines Denkens.
Für vertiefende Hintergrundslektüre empfehle ich neben Lewin (Werkausgabe bei Huber/Klett-Cotta) und Peirce (Semiotische Schriften in 3 Bänden bei Suhrkamp oder The essential Peirce in 2 Bänden bei Indiana Univ. Press, 1992 / in prep.) besonders auch Georg Simmel (zB Das individuelle Gesetz oder Philosophie des Geldes u.a.m., bei Suhrkamp), welcher Vergesellschaftung und Personbildung aus Verkörperungsprozessen in Formen und Institutionen versteht. Die hier fortgeführte, im 18. Jh. entstandene (zB bei J.G. Herder, dem Inaugurator des modernen Kulturbegriffs und dem komplettesten Systemtheoretiker der menschlichen Kondition, den ich kenne) und dann im Zuge idealistischer und positivistischer Wissenschaftsentwicklungen ins Abseits gedrängte Denktradition über das Mensch-Umwelt-Verhältnis, welche u.a. auch die Völkerpsychologie von Moritz Lazarus kennzeichnet und von Wilhelm Wundt vergeblich als integraler Bestandteil einer umfassenden Psychologie propagiert wurde, ist in der modernen Psychologie weitgehend ausgeblendet worden. Am deutlichsten kommen solche Denkweisen im 20. Jh. in der von L.S. Vygotsky (Wygotski) begründeten sog. "kultur-historischen Schule" und in der Tätigkeitstheorie von A.N. Leontiev zur Fortführung. Zwischen den naturwissenschaftlichen (Reduktion auf Naturgesetztze) und den geisteswissenschaftlichen Traditionen (Reduktion auf Sprachspiele) der modernen Wissenschaften ist die Psychologie zerrissen. Durch die Semiotik von Peirce getragen versuchen wir die Erneuerung einer dritten Möglichkeit von Psychologie, derjenigen von ökologischen Systemen in semiotischer Analyse und Darstellung. Die Linien dieser Denktradition zu rekonstruieren ist überfällig.
Unsere Erfahrungen mit Studierenden und anderen Interessenten zeigen, dass eine beträchtliche und langatmige Anstrengung nötig ist, um in dieser Suppe mit so vielen Ingredienzien schwimmen zu lernen. Auch besteht ein gewisses Risiko, sich bloss von vertraut scheinenden Bröcklein ernähren zu wollen und damit deren Bedeutung im Zusammenhang zu verpassen. Das Verständnis wird sicher erleichtert, wenn man versucht, wenigstens für einen Augenblick die sehr vertraute Denkmuster aufzugeben, welche alle der modernen Psychologie so sehr zu Eltern geworden sind: etwa die kartesianische Subjekt-Objekt-Opposition; oder die Geist-Materie- bzw. Leib-Seele-Unterscheidung mit einem ontologischen Apriori entweder auf der einen oder der andern Seite; oder die Nezessitäts- vs. Zufallslogik; oder die gewohnte Substantialisierung von Struktur vs. die Akzidentialisierung von Prozess. Für eine Teilantwort auf die Frage, warum ich die Psychologie so grundsätzlich anders als üblich anlegen will, verweise ich auf meine beiden Lewin-Aufsätze Was ich von Kurt Lewin gelernt habe (1991) und Die Frage nach den psychologischen Genesereihen (1992) und rege für alle, die sich wirklich darauf einlassen wollen, eine intensive, freilich nicht leichte Beschäftigung mit den Schriften von Peirce an. (Peirce ist übrigens in den 1870er Jahren eigentlich der erste Experimentalpsychologe in den USA und noch 1890 einer der Initiatoren zur Schaffung der American Psychological Association gewesen).
Boesch, Ernst E. (1980) Kultur und Handlung: Einführung in die Kulturpsychologie. Bern, Huber. 270 Pp.
Boesch, Ernst E. (1982) Von der Handlungstheorie zur Kulturpsychologie. Abschiedsvorlesung, Saarlandes, Philosophische Fakultät der Universität des. Saarbrücken, 28. Juni 1982. Pp. 29. Saarbrücken, Universität des Saarlandes.
Boesch, Ernst E. (1992) Selbstdarstellung. Pp. 67-106 in: Wehner, Ernst G. (Ed.) Psychologie in Selbstdarstellungen, Band 3. Bern, Huber.
Boesch, Ernst E. (1991) Symbolic action theory and cultural psychology. Berlin, Springer. 387 Pp.
Lang, Alfred; Bühlmann, Kilian & Oberli, Eric (1987) Gemeinschaft und Vereinsamung im strukturierten Raum: psychologische Architekturkritik am Beispiel Altersheim. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie 46 (3/4) 277-289.
Lang, Alfred (1988) Die kopernikanische Wende steht in der Psychologie noch aus! - Hinweise auf eine ökologische Entwicklungspsychologie. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie 47 (2/3) 93-108.
Lang, Alfred (1990) Was ich von Kurt Lewin gelernt habe. (Festschrift für Klaus Foppa und Mario von Cranach.) Pp. 121-135 in: Grawe, K.; Hänni, R.; Semmer, N. & Tschan, F. (Eds.) über die richtige Art, Psychologie zu betreiben. Göttingen, Hogrefe.
Lang, Alfred (1990) Die semiotisch-ökologische Perspektive: Thesen zur Grundlegung der Psychologie in Genesereihen. Vorlage für Vortrag imKolloquium des Psychologischen Instituts der Universität Bern am 13.12.90. Typoskr. 28 S.
Lang, Alfred (1990) Mehr und besser? über Raumansprüche und Gestaltungsangebote. Information Raumplanung (Bern) 5 (2) 3-5.
Lang, Alfred (1990) Vom Bildungspotential der Mensch-Computer-Beziehung: ein Versuch zur Aufarbeitung einer verpassten Revolution. Informatik und Unterricht (12) 7-17.
Lang, Alfred (1990) Wissenschaft interdisziplinär: ohne Disziplin keine Interdisziplinarität. Unipress (Bern) Nr. 67 vom Dezember 1990. 20-23 Pp.
Lang, Alfred (1990/91) Grundfragen einer Psychologie von aussen: Entwürfe für ein komplementäres Lernbuch. Studienunterlagen für eine Lehrveranstaltung mit Konzentration auf die Gebiete der Allgemeinen und der Speziellen Psychologie (unter Mitarbeit von Daniel Slongo), Bern, Psychologisches Institut der Universität. 156 Pp.
Lang, Alfred (1991) Non-Cartesian culture: steps towards a semiotic ecology. Reports from the Group for Environmental and Cultural Psychology, Institute for Psychology, University of Bern, 1991-1. 26 Pp.
Lang, Alfred (1991) Wohnraum als Aussenraum des Innenlebens Ð ein Dialog zwischen Bürgerin und Wohnpsychologe. (Mit einer Bildgeschichte gezeichnet von Camillle Halter und einem Kasten: Verstehen wir Bauen und Wohnen?) Der Bund (Bern) Nr. 223 (Beilage: "Bauen -- Wohnen 1991") vom 24.9.91.
Lang, Alfred (1991) Handpostille für Studierende -- Gruppe Lang. (Gedanken und Empfehlungen zum besseren Studieren.) Bern, Psychologisches Institut der Universität. 95 Pp. (2. verb. Aufl. mit separatem Anhang).
Lang, Alfred (1991) Träumerei zum Schuljahrsbeginn (Bund-Kolumne). Der Bund (Bern) Nr. 185 vom 10.8.91. 13 Pp.
Lang, Alfred (1992) On the knowledge in things and places. Pp. 76-83 in: Cranach, Mario von; Doise, Willem & Mugny, Gabriel (Eds.) Social representations and the social basis of knowledge. Bern, Huber.
Lang, Alfred (1992) Kultur als 'externe Seele' -- eine semiotisch-ökologische Perspektive. (Beiträge zum 2. Symposium der Gesellschaft für Kulturpsychologie, Mittersill, 9.-12.5.91.) Pp. 9-30 in: Allesch, Christian; Billmann-Mahecha, Elfriede & Lang, Alfred (Eds.) Psychologische Aspekte des kulturellen Wandels. Wien, Verlag des Verbandes der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs.
Lang, Alfred (1992) Die Frage nach den psychologischen Genesereihen -- Kurt Lewins grosse Herausforderung. Pp. 39-68 in: Schönpflug, Wolfgang (Ed.) Kurt Lewin -- Person, Werk, Umfeld: historische Rekonstruktion und Interpretation aus Anlass seines hundersten Geburtstages. Frankfurt a.M., Peter Lang.
Lang, Alfred (1992) Jenseits vom Kosten-Nutzen-Saldo -- Europa-Anliegen mit Kopf und Herz. Unipress (Bern) Nr. 74 vom Oktober 1992. 28-31.
Lang, Alfred (1992) Eine Menschrechts-Frage (Bund-Kolumne). Der Bund (Bern) Nr. 68 vom 21.3.92. 17 Pp.
Lang, Alfred (1992) UnitoblerÐDenkhausÐMembranen (Bund-Kolumne). Der Bund (Bern) Nr. 208 vom 5.9.92. 15 Pp.
Lang, Alfred (1993) Non-Cartesian artefacts in dwelling activities -- steps towards a semiotic ecology. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie 52 (2) 138-147. (also in Quarterly Newsletter of the Laboratory of Comparative Human Cognition (UCSD) 15(3) 87-96.
Lang, Alfred (1993) Zeichen nach innen, Zeichen nach aussen -- eine semiotisch-ökologische Psychologie als Kulturwissenschaft. Collegium-Generale-Vorlesung, Pp. 55-84 in: Rusterholz, Peter & Svilar, Maja (Eds.) Welt der Zeichen -- Welt der Wirklichkeit. Bern, Paul Haupt.
Lang, Alfred (1993) The "concrete mind" heuristic -- human identity and social compound from things and buildings. Pp. 249-266 in: Steiner, Dieter & Nauser, Markus (Eds.) Human ecology: fragments of anti-fragmentary views of the world. London, Routledge.
Lang, Alfred (1992) Eine Semiotik für die Psychologie -- eine Psychologie für die Semiotik (Zusammenfassung eines Positionsreferat). Pp. 68-69 in: Leo Montada (Ed.) Bericht über den 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie 1992 in Trier. 1. Göttingen, Hogrefe.
Lang, Alfred (1994) Toward a mutual interplay between psychology and semiotics. Journal of Accelerated Learning and Teaching 19 (1) 45-66.
Lang, Alfred (1993) Reibungsloser Generationendialog? (Bund-Kolumne). Der Bund (Bern) Nr. 42 vom 20.2.93. 15 Pp.
Lang, Alfred & Fuhrer, Urs (1993) What place for culture in psychology? An Introduction. (Contributions to the Symposium on the Cultural Environment in Psychology, in honor of Ernst E. Boesch, Merligen (Lake Thun) 21.-24.10.1991) Schweizerische Zeitschrift für Psychologie 52 (2) 65-69.
Lang, Alfred & Fuhrer, Urs (Eds.) (1993) Cultural Psychology -- Kulturpsychologie -- Psychologie Culturelle. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie 52 (whole No. 2) 65-147.
Slongo, Daniel (1991) Zeige mir, wie du wohnst, -- eine Begrifflichkeit über externe psychologische Strukturen anhand von Gesprächen über Dinge im Wohnbereich. Diplomarbeit, Januar 1991, Bern, Psychologisches Institut der Universität. 135 Pp.
Slongo, Daniel (1992) Dinge kultivieren: ein Verständnis von Kommunikation. Pp. 123-134 in: Allesch, Christian G.; Billmann-Mahecha, Elfried e& Lang, Alfred (Ed.s) Psychologische Aspekte des kulturellen Wandels. Wien, Verlag des Verbandes der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs.
Studer, Hubert (1993) Individuelle und kollektive Wohnformen -- eine explorative Untersuchung ihrer sozialer Implikationen. Diplomarbeit, Bern, Psychologisches Institut der Universitüt. 188 Pp.
Nachtrag 1994
Lang, Alfred (1993) Das Semion als Baustein und Bindekraft -- eine einheitiche Semiosekonzeption von Struktur und Prozess, welche Zeit konstituieren und analysieren kann. Plenarvortrag, 7. Internationaler Kongress "Zeichen und Zeit.", Deutsche Gesellschaft für Semiotik. Tübingen 6.10.93. Typoscr. 40 Pp. (Publikation im Kongressband vorgesehen)
Lang, Alfred (1993) Steine zum Anstossen -- Das Denkmal in der Entwicklung sozio-kultureller Systeme. Unipress (Bern) Nr. 79 vom Dezember 1993. Pp. 37-43.
Lang, Alfred & Studer, Hubert (1993) Warum wohnen wir eigentlich? -- Zur Psychologie von Bauen und Wohnen. Psychoscope (Bern) 14 Nr. 9 vom November 1993. Pp. 13-16.
Lang, Alfred (1994) Gedanken zu einem Tätigkeitsprogramm der Gesellschaft für Kulturpsychologie (Teil I). Kulturpsychologie Rundbrief (Erlangen) 5 Nr. 1 vom April 1994. Pp. 2-7.
Lang, Alfred (1994) Grundzüge einer evolutiven Semiotik -- zur elementaren generativen Semiose. Bonn, 8.7.94. Deutsche Gesellschaft für Semiotik ,Tagung des Beirats. Typoscr. 18 Pp. (in Überarbeitung zur Publikation in Kodikas/Code/Ars Semeiotica vorgesehen).
Lang, Alfred (1994) Lewin and Vygotsky -- the radical and promising metatheorists. Presentation at Symposium on Lewin and Vygotsky, Ann Arbor, 9.9.94. Society for the Advancement of Field Theory (SAFT), 6th International Kurt Lewin Conference. Typoscr. 8 Pp. to be published in the proceedings.
Lang, Alfred (1994) Adopted or attained -- a semiotic attempt to overcome the person-metaphor. Paper presented at Nyer, 27.5.94. Académie du Midi , 6th Symposium "Metaphor". Ms. 16 Pp.
Lang, Alfred (1994) Auch diese Variante von Psychologie hat wohl nicht "gezündet". Beitrag zur Podiumsdiskussion "Zum Stellenwert der ökologischen Perspektive in der heutigen Psychologie", organisiert von Bernhard Wolf und Lenelies Kruse, Hamburg, 29.9.94. Deutsche Gesellschaft für Psychologie, 39. Kongress der DGP. Ms. 4 Pp.
Lang, Alfred (1994) ... die sich ihre Umwelt selber schaffen -- historische und aktuelle Ansätze einer kulturbezogenen Psychologie. Forschungsreferat, Hamburg, 29.9.94. Deutsche Gesellschaft für Psychologie, 39. Kongress der DGP. Typoscr. 4 Pp.
Lang, Alfred (1994) Menschen als Schöpfer und Geschöpfe ihrer Welt der Kultur -- Herders evolutiv-dialogisches Menschenbild. Vortrag, Bern, 2.11.94. Collegium Generale Universität Bern , Kulturhistorische Vorlesungsreihe über Herder und die Entstehung der modernen Wissenschaften vom Menschen. Ms. 22 Pp.
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