Alfred Lang

University of Bern Switzerland

 

Conference Presentation 

Das Haus und die Menschen

Menschen mit ihren Dingen in ihren Räumen

2003-04 Haus - Menschen

@DwellTheo @SemEcoElab

Vortrag im Architektur Forum Bern, 28. Oktober 2003
33 Tafeln und Kommentar

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First posted 2003.11  
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Infolge einiger technischer Probleme kann ich erst den Anfang des Vortrags aufs Netz geben. Bitte schauen Sie später vorbei oder senden Sie mir eine Mail, damit ich Sie benachrichtigen kann, wenn ich so weit bin.

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01

Architekten zeigen Bilder, zwei aufs Mal. Sie, Architekten oder Architektur-Interessierte, haben ihre Köpfe voll von Bildern, genau wie ich.

Bilder stellen aber die Häuser, ihre Teile, ihre Inhalte, ihre Umgebung uns gegenüber, machen sie zu unseren Objekten. Meist menschenfrei. Und Räume, das wichtigste an Häusern, können sie kaum abbilden. Die Bildbetrachter können nicht darin sein.

Solches Gegenüberstellen hemmt das Zusammenbringen von Häusern und Menschen. Im Kopf müssen sie zuerst verbunden werden. Sonst wird es in der Wirklichkeit kaum gelingen. Der Sinn von Architektur liegt doch in den Menschen, die sie bewohnen, besuchen, besichtigen. Häuser und Dinge sind von Menschen für Menschen.

So werde ich Ihre eigenen Bilder von Häusern und Menschen mit Worten auslösen und miteinander in Verbindung zu bringen versuchen. Mit Unterstützung einiger Thesen und Diagramme auch für Ihre Augen.

Mein bevorzugter Ausdruck für Wohnen ist “Menschen mit ihren Dingen in ihren Räumen”. Denn ohne Verb oder Verben präjudiziert er nichts. Wir müssen zu verstehen suchen, wie das gehen könnte: Mir mache Hüser – was mache die Hüser  mit üs?

02

Das ist nicht, was wir normalerweise denken.

Wir Abendländer haben uns eine Entgegensetzung angewöhnt. Wir Menschen in einer Sonderstellung — uns gegenüber die Dinge, die der Natur und die der Kultur.

Die Kulturdinge machen wir, ist die Meinung, um die Natur zu bezwingen, um die Naturdinge zu beherrschen. Um die Natur für unsere Zwecke auszubeuten.

Natürlich sind wir selber auch Natur. Oder haben wir bloss Natur? Und stehen darüber? Das kann niemand im Ernst behaupten. Und doch haben die Abendländer etwa seit dem 15. Jh. die Natur in uns – nämlich einige Begierden, die Triebe, die Gefühle und dergleichen – degradiert, ja verteufelt, dem Geist in uns und darüber zu unterstellen versucht. Natürlich ohne Erfolg. Genauer, dem Erfolg einer Doppelmoral, die uns nicht selten zu zerreissen droht.

Wenn wir dann einander dennoch zu Natur machen – diesmal die Stoffe und Energien des Körpers, die Säfte und Impulse seiner Zellen und Organe –, wie das die Wissenschaften vom und Techniken zum Umgang mit Menschen immer mehr tun, so geraten uns unsere Mitmenschen in eine den Ressourcen der Natur, der mineralischen und der übrigen lebenden Welt, ähnliche Rolle: sie sind auszubeuten, ihr Nutzen ist zu maximieren. Angeblich im Interesse der Allgemeinheit. Tatsächlich zu einer Scheidung zwischen solchen die überwiegend profitieren und anderen die übernutzt werden.

So entstanden andere Begierden: die Menschen füllten ihre Welt mit Maschinen, mechanische und informatische, und machten dann ihr Modell, ihren Begriff vom Menschen nach diesen Modellen: mechanistische und informationstechnologische. Sowohl in der Biologie wie in der Psychologie. Die Maschinen ersetzten immer mehr menschliche Fähigkeiten; gleichzeitig verstand und behandelte man die Menschen immer so, wie wenn sie Maschinen wären.

Die Häuser sind eher statische Maschinen, so fällt das weniger auf. Aber die Räume der Menschen sind voll von Maschinen. Die Menschen haben sie zu bedienen und werden so gewissermassen zu verbindenden Maschinen in dieser Maschinerie.

Wir sollten diese Entwicklung gründlich in Frage stellen und die Architektur und Planung voll und ganz auf die Menschen orientieren.

03

Damit keine Missverständnisse entstehen: Das ist nicht mein ursprünglicher Plan gewesen. Ich wollte nur die Psychologie kulturbezogen machen, und zwar ohne die Orientierung auf die beobachtbare Wirklichkeit und die Kontrolle des Verstehens anhand von Beobachtungen aufzugeben. Damit konnte eine realistische Psychologie weder eine Naturwissenschaft noch eine Geisteswissenschaft nach den traditionellen Mustern des späten 19. und 20. Jh. sein.

Sie musste oekologisch angelegt werden, das hatte ich früh verstanden. In meiner Gymnasialzeit hatte ich ausreichend fern-nord-oestliche Philosophie, Literatur und Malerei studiert – zwar nur vermittelt, ohne Sprachkenntnisse – dass ich verstand: andere Kulturen gingen von einer Einbettung der Menschen in Natur und Kultur aus und stellen das nicht einander gegenüber. Auch dass das Werden eine grössere Rolle spielen musste, als die Idee von Gesetzlichkeit nach dem Vorbild der Physik zuliess, war mir klar. Doch ich wusste in keiner Weise, wie mit Bedeutung umzugehen sei. Sprachliche Reflektion der Sachverhalte war mir nicht ausreichend, weil die Koppelung zwischen Sprache und Geschehen viel zu locker war. Zudem war der Sprachgebrauch nicht nur zwischen Kulturen, sondern auch zwischen Angehörigen derselben Kultur zu unterschiedlich und zu sehr im Fluss, als das mir sinnvoll schien, der Sprache eine so entscheidende Rolle einzuräumen.

Das bedeutet, ich bewegte mich tendenziell ausserhalb der abendländischen Traditionen. Musste allerdings mangels konkreter Alternativen darauf zurückfallen. Erst um 1990 entdeckte im Studium von Charles Peirce Alternativen, die ich auf meine Weise ausbaute und mit meinem oekologischen Denken zusammenbrachte. Am Beispiel des privaten und institutionellen Wohnens habe ich zusammen mit meinen Studierenden und Mitarbeitern aufgebaut, was ich Semiotisce Oekologie nannte.

In den frühen 90er Jahren ist mir das Projekt sehr rasch zu einem viel umfassenderen Projekt ausgewachsen, nämlich der Entwicklung neuer Grundbegriffe für das Verständnis nicht nur, doch insbesondere der menschlichen Kondition, also von all dem, was mutmasslich die Menschen (mit)bedingt und was sie (mit)bedingen können.

Man könnte das ein philosophisches Projekt nennen, wenn nicht die Philosophie sich in letzter ebensosehr spezialisiert hätte wie die Wissenschaften. Oder ein anthropologisches Projekt; aber es reicht weit darüber hinaus. Denn die menschliche Lage muss schliesslich in einen grösseren Rahmen der uns überschaubaren Welt verankert werden. Seine wissenschaftstheoretische oder –philosophische Perspektive ist von starker Bedeutung geworden und hat zur Grundlegungen einer eigenen, evolutiven Systemen angemessenen Methodologie geführt. Selbst verständlich bin ich nicht in allen Wissenschaften, auf deren wesentliche Einsichten ich mich stütze, versiert. SemOeko stellt für die Wissenschaften und für die Praxis in erster Linie eine Heuristik dar, eine Art und Weise zu beobachten, welche nun freilich in den meisten Wissenschaften nicht üblich ist. So bin ich auch in mancher Hinsicht ein Wissenschaftskritiker, besonders natürlich meines eigenen Faches, geworden. Und das kann und will ich nicht verleugnen.